Januar 1980
Vorgeschichte
Unser jetziges Klubhaus wurde in den dreißiger Jahren gebaut (vermutlich 1933/34). Es diente damals als Silo für Rübenblätter und Mais. Es bestand aus dem Silo und einem
darüber gebauten Spitzdach. Als Eingang ließ sich die ganze Vorderfront aufklappen. Ein Zugang zum Holzschuppen war nicht vorhanden.
Das Silo wurde 1968 das letzte Mal gefüllt. Als es im Frühling 1969 fast leer war, wurde das restliche Gras mit Stroh abgedeckt. Ein hineingelassener Baumstamm diente Hühnern, die
hineingeflogen waren, zum herausklettern. So stand es eine Weile ungenutzt und es begann zu vergammeln. Es diente uns lediglich als Versteck beim Spielen. Auch wurde das Silo von
Arnd Gemeinhardt und Steffen Haselbauer einmal als „Braukeller“ genutzt. Der Saft von Kamillenblättern, mit Wasser verdünnt und gezuckert, wurde in Flaschen ins Silo
hineingelassen, wo er vergessen wurde und zu gären anfing.
Die Starken Germanen
Im Frühjahr 1974 kamen Gert Wölfel und Udo und Fredo Gemeinhardt auf die Idee, das Silo als Höhle zu benutzen. Mit der Zeit kamen Arnd Gemeinhardt, Peter Wölfel, Michael
Hums, Andreas Dunger, Steffen Haselbauer u.a. dazu. Wir deckten den Boden mit frischem Stroh ab und stellten uns als Inventar in die Mitte eine Große Holzkiste. Sie diente als Tisch
und gleichzeitig als Arrestzelle. In dieser Zeit gab es neben Arrest auch noch Stockhiebe. Als Sitzplätze hatten wir ein Sofa, einen alten Kutschbock und Sprudelkästen. Eine Leiter, bei
der jede Sprosse aus anderem Material war, und die wegen Bruchgefahr immer nur einer betreten durfte (was auch in der Hausordnung, die wir bereits besaßen, verankert war), und
dein Brotkasten als Regal waren der Rest der Einrichtung. Im Sommer wurde eine Dachhälfte von Arnd Gemeinhardt´s Vater erneuert.
Am 23.9.1974 gründeten wir dann die Bande „Starke Germanen“. Sie hatte die Form einer militärischen Einheit.
Die Rangordnung war: Oberst Leutnant Unterleutnant Gefreiter Soldat
Als Rangabzeichen dienten uns auf Stoff gemalte Zeichen, die mit 2 Sicherheitsnadeln am Ärmel befestigt wurden. z.B.:
Wer diese Abzeichen einmal nicht trug, wurde bestraft (Meist mit Aufräumen).
Es wurden auch unregelmäßig Wahlen durchgeführt. Immer dann, wenn man mit dem alten Chef nicht mehr einverstanden war. Als Oberste wurden jedoch immer nur Arnd
Gemeinhardt oder Steffen Haselbauer bzw. beide gemeinsam gewählt.
Jeder von uns hatte noch eine besondere Funktion. (z.B. Techniker, Spendenkassierer, Ausbilder, Wandzeitungsredakteur, u.s.w.).
Im Verlaufe der Zeit konnten sich dann 16 Mann „Starke Germanen“ nennen:
Steffen Haselbauer Reiner Hertel Mario Hühler Andreas Dunger
Mathias Bittrich Sven Zimmer Fredo Gemeinhardt Gunther Schwab
Arnd Gemeinhardt Immanuel Bittrich Steffen Barthel Jens Krämer
Carsten Rahm Udo Gemeinhardt Gert Wölfel Oliver Günther
Die Bande war jedoch nie 16 Mitglieder stark. Es waren meist nur 12- 13 Jungs.
Da es noch eine feindlich Bande in Lauterbach gab, wurde das Silo in ein „Festung“ umgebaut. Die Vorderfront wurde in 2 Luken geteilt und die Wände verstärkt. Die Leiter
konnte über einen Seilzug hochgezogen werden. In das Dach wurde noch eine Luke als Fluchtweg gebaut. Dann zogen wir eine Zwischendecke ein, so dass wir 2 Räume hatten. Die
Decke ging vom Holzschuppen aus über 2/3 des Silos. Das restliche 1/3 musste, da der Vater von Arnd Gemeinhardt Angst hatte, wir könnten da unten ersticken, offen bleiben. Es wurde
bei Bedarf (z.B. im Kriegsfalle) mit Bettbrettern abgedeckt.
Zum Holzschuppen brachen wie einen Durchgang in die Wand. Er wurde der Eingang und ist es bis heute geblieben. Dann entfernten wir das Stroh vom Fußboden und legten Platte
auf das noch enthaltene, etwa 1 Meter starke, inzwischen festgetrampelte Silo. Außerdem bauten wir aus Holzklötzen, Brettern und Teppichresten bzw. Schaumgummi Hocker. Vor
der Hütte stellten wir Bänke und einen Tisch auf. Wir bauten auch Regale, die wir an die Wand hängten. Das war und ist bis heute ein Problem, da man in den Beton keinen Nagel einschlagen kann.
Als Fahne bzw. Wappen hatten wir folgendes Symbol:
Diese Fahne wollte die gegnerische Gruppe, die sich um Ralf Richter gebildet hatte und der dann auch Andreas Dunger, den wir gefeuert hatten, angehörte, erobern. Sie hatten ihre
Gebiete auf der anderen Seite der Hauptstraße. Eines Tages wurde durch einen Aufklärer von uns, der sich in ihre Bande einschlich (Rainer Hertel) ihr Quartier bei den Schafhäusern
entdeckt. Dieses wurde von uns am 26.05.1976 zerstört. Ihre Höhlen waren nur einfache unterhöhlte Reisighaufen. Wir haben von einem nahen Feld Jauche geholt und ihre Hütten
geodelt. Bei diesem Angriff eroberten wir auch ihre Fahne.
Unsere Fahne wurde bei jedem Treff von uns an einem an der Bude befestigten mehrere Meter hohen Mast gehisst, und jeden Abend wieder eingeholt. Dabei fand jedes Mal ein
Appell statt. In diesen Appellen wurden auch die Aufgaben des nächsten Tages festgelegt.
Auch Olliver Günther hatte, weil er von uns geächtet wurde, eine Bande um sich geschart. Als diese angreifen wollte, versammelten sich fast alle Lauterbacher Jungs (auch aus Ralfs
Gruppe), um „ihr Lauterbach“ zu verteidigen. In der Scheune hielten wir über 30 faule Eier und einen angeschlossenen Wasserschlauch bereit.
Doch dann kam Olli nicht. Seine Gruppe war nicht gut organisiert und keiner wusste über Termin und Sammelplatz bescheid.
Sein Lager fanden wir auf einer Insel in der Weißen Elster und zerstörten es restlos.
Olliver wollte einige Wochen zuvor schon einmal unerwartet angreifen, doch einer von uns erkannte die Eindringlinge, als sie lärmend die Straße heraufzogen. In wenigen Minuten
hatten sich die gerade Anwesenden verschanzt und die „Verteidigungsbereitschaft“ hergestellt. Sie waren 15 Mann und wir 6-7. Ihre Bewaffnung bestand aus Brecheisen,
Knüppeln und Pfeil und Bogen. Aber Dank unserer festungsähnlichen Bude hielten wir den Angriff stand. Dann kam zufällig der „Dorfsheriff“ (ABV) vorbei und sie bekamen auch noch von ihm eins aufs Dach.
Sie wollten die Scharniere von den Luken abreißen und diese dann aufbrechen. Olliver war der einzige von ihnen, der sich in der Bude auskannte. Doch er wusste nicht, dass wir die
Luken von innen mit Ketten gesichert hatten.
Als wir 1974 die Bude gründeten, wurden auch Ausweise angelegt. Das waren Vokabelhefte, die wir mit Passbild und Personalien versahen. In diese wurden Auszeichnungen, Lobe,
Verwarnungen, Zensuren und monatlich die Anwesenheit eingetragen. z.B.:
11.4.1976: St. Erhält ein Lob, weil er die Höhle aufräumte oder:
25.9.1974: F. erhält eine Verwarnung wegen undisziplinierten Verhaltens.
Nach drei Verwarnungen gab es immer eine Strafe.
Unsere Orden für Auszeichnungen stellten wir selbst her. Wir verwendeten dazu Gürtelschnallen, Sicherheitsnadeln, Stoff und kleinen Degen (Zahnstochern)
Zensuren erhielten nur die „Soldaten“ und zwar für: Melden, Marschieren, Antreten, Ausrüsten, Granatenwerfen, Angriffsplan entwerfen, Messerwerfen, Fesseln mit Strick,
Abführen, Waffenbau, Mitarbeit, Schleichen, Exerzieren, Befehlen, Fechten, Bogenschießen, Speerwerfen, Fesseln mit Handschellen und Angreifen.
Als Waffen besaßen wir Pfeil und Bogen, Speer, Wurfkeulen (über 200 Garnspulen aus Holz mit Eisenkopf) und Schwerter aus Holz bzw. Eisen. Die Eisernen stellte Immanuel Bittrich in
der Werkstatt seines Vaters her. Die hölzernen wurden aus jungen Fichtenstämmen, die ober- und unterhalb eines Quirls abgesägt worden waren hergestellt.
Es stand außerdem ständig ein Sack Sägespäne mit Sand vermischt bereit, um sie den Angreifern im die Augen zu werfen. Wir selbst waren bei dieser Kampfmethode durch
Taucher- bzw. Motorradbrillen geschützt. Jedes Mitglied hatte Waffen, für die es verantwortlich war. In diese war eine Nummer eingestanzt, die auch vorn auf dem jeweiligen
Ausweis stand. Es gab private und bandeneigene Waffen.
Einmal wollten wir es zur Pflicht machen, dass jedes Mitglied einen Helm trägt. Einige, die
alte Maurer- oder Motorradhelme besaßen, trugen diese auch zeitweilig. Da sich nicht jeder einen Helm besorgen konnte, ließen wir es dann sein. Wir besaßen auch einen Wagen, der an
einen K-Wagen oder an ein Fahrrad angehängt werden konnte. Zur Standartausrüstung gehörte auch eine alte Brottruhe, die als Sanitätskasten mit Pflaster, Binden,
Sicherheitsnadeln und einer Schere gefüllt war. Diese Truhe wurde von unserem „Sanitäter“ auf unseren „Angriffen“ oder sonstigen Ausflügen (z.B. Waffenbau) ständig mitgeführt.
Jedes Mitglied konnte Sachspenden in die Bande einbringen. Diese wurden auf Gutscheinen der Volkssolidarität registriert.
Außer dem wurde Tagebuch geführt.
An die Wandzeitung, die jede Woche neu gestaltete wurde, kamen Witze, Spottgeschichten über unsere Feinde, Termine, Preisausschreiben, Hausordnung u.s.w. Wir fertigten auch
Karten von Lauterbach und seiner Umgebung an.
Um unsere Akten fälschungssicher zu machen, besaßen wir ein gutes Dutzend Stempel.
z.B.:
Die Höhle wurde auch 2-3 mal geweißt und, da sie unten herum ziemlich feucht war, in Form eines Ölsockels tapeziert. Die Tapeten und den Leim hat immer ein Mitglied spendiert.
Wir wollten auch einen geheimen unterirdischen Fluchtweg vom Holzschuppen zur Hocheinfahrt der Scheune graben. Wir hatten den Graben, den wir dann mit Brettern und
Erde abdecken wollten, schon so tief, dass man durchkriechen konnte. Dann unterbrachen wir die Arbeit und das Vorhaben geriet in Vergessenheit.
Zu wichtigen Anlässen wurden Feste gefeiert. (z.B. Silvester, Besenbrennen, 1- und 2-jähriges Bestehen) Zu Silvester wurde sogar ein Tannenbaum geschmückt. Die Mutter von Arnd
Gemeinhardt machte uns Erdbeerbowle.
Im Frühjahr 1977 wurde die Bude dann plötzlich aufgelöst. Da sich Arnd Gemeinhardt öfter mit Andreas Dunger freundschaftlich unterhielt, wurde er aus der Bande ausgeschlossen.
Arnd Gemeinhardt warf uns daraufhin aus der Höhle, die ja auf seinem Grundstück liegt. Da die Bande nun keinen festen Stützpunkt mehr hatte, war das ihr Ende. Der Streik dauerte
nur einige Wochen, dann war die Einheit Lauterbachs hergestellt, aber die Bude kam nicht wieder zustande.
A.Dunger und A.Gemeinhardt im Raum noch eine Meerschweinchenzucht eröffnen. Doch nachdem sie die Höhle umgeräumt hatten, verloren sie das Interesse und gaben die Höhle auf.
Der Neubeginn
Frühling 1978, zum Lauterbacher Sportfest schlossen die Jungs und Mädchen aus Lauterbach engere Freundschaft. Den Sommer über veranstalteten wir im Garten von Arnd
Gemeinhardt einige Partys. Im Herbst feierten wir dann bei Konstanze und Cornelia Richter.
Als nun Silvester herankam, hatten wir keinen Raum und deshalb wurde die Bude zwangsläufig wieder eingeräumt. So wurde die Bude Ende 1978 neu besiedelt. Bis Silvester
hatten wir zum ersten Sofa, das seit 1974 zum Inventar gehörte, ein zweites in die Bude gestellt. Außerdem noch einige Plastikfässer als Sitzplätze und einen langen schmalen Tisch.
Da die Tapete längst abgefallen und die Wand nass war, spannten wir Rollos hinter die Sofas. Dann legten wir eine Stromleitung in die Höhle, bauten das restliche Drittel des
oberen Bodens aus und polsterten diesen Raum mit Heu und darüber gelegten Teppichen. An die Decke des unteren Raumes nagelten wir rote Einsätze von Obststiegen, die zum
Transport von Apfelsinen dienten. Das war eine herrliche Lösung, doch die Teile reichten nicht ganz. Wir stellten auch elektrische Heizgeräte auf. Trotzdem wurde es nie wärmer als
10°C. Obwohl wir die Wände mit Webepelzresten, die wir von Marko Körner erhielten, abdichteten. Die Wände bemalten wir mit anstößigen Bildern. Silvester wurde dann wieder in
ihr gefeiert. Es war das erste Mal, dass auch Mädchen mit in der Bude waren. In der Silvesternacht fiel der Strom aus und so feierten wir bei Kerzenlicht und –18°C. Doch dass
machte nichts. Man hat sich eben gegenseitig gewärmt.
Nun begannen wir, die Bude regelmäßig zu besuchen. Wir stellten noch ein drittes Sofa hinein und verhängten die unteren 2m der Wand mit Teppichen. Wir schafften auch Kissen
und Decken hinein, besserten die Leiter aus, behängten die Wände mit Aktfotos. Von der Unteren Decke nahmen wir die roten Platten ab und bespannten sie mit Stoff. Aus unserer
Hütte wurde mehr und mehr ein Jugendtreff ohne feste Mitglieder.
Die nächste Fete war, neben einer kleineren in den Winterferien, zum Besenbrennen. Da wir mit vielen Gästen rechneten, bauten wir im Garten vor dem Feuer ein Folienzelt auf, in das
wir über 20 Matratzen legten. Wir waren dann auch 24 Mann.
Bis zu den Sommerferien wurde die Bude regelmäßig besucht. Dann fuhr A.Gemeinhardt in die Ferien und es wurde stiller um sie. Es regnete hinein und die Sofas begannen zu verfaulen.
Darum mussten wir nach den Ferien total renovieren. Zuerst wurde das Dach neu gedeckt. Es machte uns große Schwierigkeiten, die Dachpappe zu beschaffen. Wir erhielten jedoch
von einem Freund I.Bittrichs 2 Rollen.
Wir rissen die alten Sofas heraus und bauten uns aus den Matratzen, die wir fürs Besenbrennen herangeschafft hatten und noch einigen mehr eine Bank über 3 Seiten des
Raumes und polsterten mit dem Rest den oberen Raum.
Da wir den letzten Winter in schlechter Erinnerung hatten, stellten wir einen Kanonenofen in die Bude. Außerdem wurde die Wand über den Teppichen rosa gestrichen. An die Innenseite
des Daches nagelten wir dünne Matratzen. In den Herbstferien waren wir jeden Tag bis spät abends hier. Es wurden auch öfters Feten veranstaltet, die jedoch meist aus Mangel an
Mädchen zu gemütlichen Saufabenden wurden.
Silvester 1979/80 feierten wir dann im Warmen. Einige Tage zuvor erhielten wir von Steffen Barthel eine neue Leiter.
Da zu Silvester in Lauterbach auch Disco war, wurde die ganze Nacht zwischen Bude und Saal hin und her gependelt. Als im Saal dann um 1.00 Uhr Schluss war, feierten wir bei uns
bis 5.00 Uhr weiter.
Fire Birds
Am 19.01.1980 haben wir dann beschlossen, wieder einen neuen Klub zu gründen, weil es immer mehr geworden sind, die zu den Feten kamen, so das die Bude meist überfüllt war.
Nun sind wir wieder 11 feste Mitglieder:
Steffen Barthel Immanuel Bittrich Uwe Franz Marko Körner
Mario Hühler Rainer Hertel Andreas Dunger Ralf Speerbrecher
Steffen Haselbauer Arnd Gemeinhardt Sven Zimmer
Es wurde auch festgelegt, ab 1.1.1980 monatlich 2,- M Beitrag zu bezahlen. Außerdem bestellten wir in Berlin (über „neues leben“) 37 Poster.
Dann gaben wir uns den Namen „Fire Birds“ und nahmen uns vor, einheitliche Hemden zu kaufen und mit folgendem Wappen zu bemalen. Dieses Wappen soll unsere Einigkeit und
Liebe zum „Feuerstuhl“ darstellen.
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